Sara Mesa liest aus ihrem Roman Quasi

Sara Mesas vierter Roman Quasi schaffte es 2018 auf alle Bestenlisten in Spanien, innerhalb kürzester Zeit wurden die Übersetzungsrechte in ein Dutzend Länder, darunter die USA, verkauft. In Deutschland erscheint der Roman im März 2020 im Verlag Klaus Wagenbach, übersetzt von Peter Kultzen.

Quasi: Beziehung zweier Außenseiter am Rande des Tabubruchs

Von außen ist das Versteck zwischen Büschen und Bäumen nicht zu sehen. Jeden Tag begegnen sich dort ein junges Mädchen und ein deutlich älterer Mann. Die magnetische Geschichte einer Beziehung, die nicht vorgesehen ist – und ein doppelbödiger Roman, in dem vieles anders ist, als es scheint.

Alles beginnt im Spätsommer, in einem Park. Als er plötzlich vor ihr steht, fühlt sie sich überrumpelt. Quasi ist »quasi vierzehn« und schwänzt nicht zum ersten Mal die Schule. Der Alte ist freundlich, schüchtern fast, gar nicht wie die anderen Männer, denen sie schon begegnet ist.

Am nächsten Tag kommt er wieder. Der Alte liebt nichts mehr als Vögel und die Musik von Nina Simone, arbeiten will er nicht. Quasi glaubt, allein zu sein in der Welt, die Gleichaltrigen sind ihr fern und fremd. Sie findet sich uninteressant, wäre gern abenteuerlustiger, vielleicht verführerischer. Den Alten scheint das nicht zu kümmern. Aber was steckt dann hinter den »falschen Verdächtigungen«, von denen er erzählt?

Tage und Wochen vergehen so: redend und schweigend im Gebüsch, und zugleich wächst die Gefahr, entdeckt zu werden – von den Eltern, der Schulbehörde oder anderen Parkbesuchern. Quasi weiß, dass etwas passieren muss …

Reduziert und mit beunruhigender Unterströmung erzählt dieser kurze Roman von zwei Außenseitern – und nähert sich langsam dem Tabu einer Beziehung, an der alles verdächtig, ja fast unerträglich erscheint.

Sara Mesa: Prozesshaftes Entdecken des Unsichtbaren

Sara Mesa begann ihre schriftstellerische Karriere mit Gedichten, entdeckte dann ihre große Liebe für Kurzgeschichten und kurze Romane. Für sie besteht zwischen den beiden Genres kein großer Unterschied. In beiden Formen des Erzählens lässt sich Sara Mesa auf den Prozess des Entdeckens ein. Sie räumt der schriftstellerischen Intuition großen Raum ein. Ihr Streben liegt im Beschreiben des Unsichtbaren.

Ihr Hautaugenmerk liegt auf Figuren, die in irgendeiner Form eingesperrt sind, isoliert sind und wie sich die Beziehungen zwischen den isolierten Figuren entwickeln. Die Mechanismen zwischenmenschlicher Beziehungen sind für Sara Mesa Quelle unerschöpflicher Inspiration. Sara Mesa beobachtet menschliches Verhalten wie unter einem Mikroskop. Manchmal scheint es, als würde ihr Blick durch das Vergrößerungsglas die Wirklichkeit deformieren, doch für Sara Mesa handelt es sich um eine reine Vergrößerung.

Sara Mesa geht sehr genau mit der Sprache um. Sie liebt das Stilmittel der Ellipse, kurze Parataxen, präzises Vokabular um dichte, atmosphärische Räume zu erzeugen. Räume menschlicher Interaktion.

Publikationen und Preise

Sara Mesa veröffentliche bisher vier Romane und einen Erzählband.

Cuatro por cuatro, Anagrama 2012
Cicatriz, Anagrama 2015
Mala letra, Anagrama 2016
Un incendio invisible, Anagrama 2017
Cara de pan, Anagrama 2018 | Quasi, Klaus-Wagenbach-Verlag, 2020

Als Sara Mesa 2012 mit dem Roman Cuatro por cuatro auf die Short List für den hoch angesehenen Literaturpreis „Premio Heralde“ stand, nahm sie der international erfolgreiche Verlag Anagrama unter Vertrag und legte ihre Werke neu auf. 2015 erhielt Sara Mesa den Premio Ojo Crítico de Narrativa für Cicatriz. Dieser Roman wurde 2017 auch mit Premio Literario Arzobispo Juan de San Clemente ausgezeichnet. Ihr Gedichtband Este jilguero agenda wurde mit dem hoch angesehen Literaturpreis Premio Nacional de Poesía Miguel Hernández geehrt.

Sara Mesa wurde 1976 in Madrid geboren, lebt seit ihrer frühen Kindheit in Sevilla. Sie studierte Journalismus und spanische Philologie und machte ebenfalls das Staatsexamen für die Sekundarstufe.

Moderation: Antonia Kienberger
Übersetzung: Pedro Álvarez
Lesung dt. Text: Ulrich Dombrowsky
St.-Kassians-Platz 6
93047 Regensburg

Fotonachweis:
Sara Mesa. Fotografin: Sonia Fraga
Cover Quasi, mit freundlicher Genehmigung Verlag Klaus Wagenbach

Weitere Informationen: www.cinescultura.de und www.wagenbach.de

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